Sensationsfund im Alten Geisenfelder Rathaus

Lesedauer 4 Minuten

Hinter Staubwolke und bröckelndem Putz Gemälde von Peter Breugghel entdeckt

Zwei Nutzer des Geldautomaten in der gegenüberliegenden Sparkasse bemerkten es als erste. Als sie das Gebäude verließen, drang eine gewaltige Staubwolke aus den Fenstern des Alten Rathauses. Die sofort alarmierte Polizei konnte bei der darauf folgenden Inaugenscheinnahme keine Einsturzgefahr erkennen und benachrichtigte ihrerseits den Geisenfelder Bürgermeister.

Was Geisenfelds Bürgermeister Staudter dann an der rückwärtigen Innenwand im Zweiten Stock des Alten Rathauses entdeckte, dürfte den städtischen Bemühungen, die demnächst beginnende Sanierung des 1626 errichteten Gebäudes zügig zu gestalten, einen Strich durch die Rechnung machen.
„Als ich die Fragmente des plötzlich  freigelegten Wandgemäldes sah, hab ich umgehend die Experten des Denkmalschutzes benachrichtigt und um fachkundige Unterstützung gebeten“, so Staudter zu „Bürgersicht“.

Die Experten hielten sich glücklicherweise noch in Geisenfeld auf (Anm d. Red.: Besprechung wg. Verlegung des Rathauszugangs von der Dormayrstraße auf die Rückseite des Gebäudes. Der zum Entsetzen von unabhängigen Beobachtern vom Stadtrat mit übergroßer Mehrheit aber wenig Augenmaß beschlossene Entwurf eines von der Heimatzeitung eilig hochgeschriebenen Schreiners und Innenarchitekten wurde vom zuständigen Fachgremium missbilligt)

sensa-fund-geis-hd83
Experten begutachten den Überraschungsfund: Eindeutig ein Gemälde von Rang

Die sofort vom Gasthaus Glas zum Alten Rathaus eilenden Experten um Frau Dr. Margit Burner, Landeskonservatorin und Fachfrau für echte Restauration im Bestand, bestätigte gestern Abend die Sensation. „Hier verbarg sich, und die Vergleichsanalysen bestätigen das, unter der sich abrupt ablösenden Innenputzschicht eine erste, bereits stark ausgearbeitete Variante des viel kleineren, aber weltbekannten Gemäldes „Bauernkremes“, von Peter Breugghel.
Vollkommenes Unverständnis verursachten dabei bei den Münchner Experten die angeforderten Aufzeichnungen zur Bestandsprüfung und Substanzanalyse des von der Stadt beauftragten Experten. Frau Dr. Burner:“Warum wurde die Gemäldeschicht hinter der Verputzschicht von diesem Experten nicht erkannt“? erging der Vorwurf in Richtung Stadt.

sensa-fund-geis-hd85
Dr. Burner prüft das stark beschädigte Kunstwerk: Ein echter Breugghel

Vergleicht man das in München in der Sammlung Bavarese hängende Original aus der Mitte des 16. Jahrhunderts mit der jetzt in Geisenfeld entdeckten Wandmalerei, erschließen sich die Unterschiede nur einem Fachmann. Was bleibt ist die erfreuliche Erkenntnis: In Geisenfeld hängt ein Breugghel.

Bild-Sammlung_Bavarese_Muen
Das Original hängt in München in der Sammlung Bavarese

Ich hab es immer gewusst“, so Bürgermeister Staudter, „unter meiner Führung und der tatkräftigen Unterstützung meiner Frau für Malerei und anderes kulturelles Gedöns wird noch die ganze Welt auf Geisenfeld schauen“.

Im schwebe auch schon die Überschrift für eine neue Geisenfeld-Broschüre vor:

Geisenfeld-WIR SIND KUNST

Wir stießen beim Namensabgleich prominenter Geisenfeld Besucher zwar auf den Namen Breugghel im Gästebuch der hiesigen Klosterbrauerei“, erläuterte Landkreisheimatpfleger Franz Kerber, „doch ein längerer Aufenthalt wurde darin nicht verzeichnet“. Um ein Gemälde dieses Ausmaßes im alten Rathaus anzufertigen, müsse er wohl ein „einige Monate nutzbares Privatquartier neben dem Kloster bezogen“ haben.

Auch Geisenfelds Kunstbeauftragte, Bürgermeistergattin Henriette Staudter, unterbrach extra eine Stadtführerfortbildung in Würzburg, und eilte zum Fundort. „Am linken unteren Rand dieses großartigen Gemäldes glaube ich sogar einen kleinen Stadtstorch erkannt zu haben“, diktierte die Miterfinderin der Geisenfelder „Stadtstorch Führungen“ der Schreiberin einer ihr lobhudelnden Hallertauer Infoseite in den Block.

Etwas Kopfzerbrechen bereitet den Experten aus dem Landesamt für Denkmalpflege allerdings noch die eindeutige Datierung des Geisenfelder Gemäldefundes. Wenn das Rathaus 1626 erbaut wurde, wie kommt dann ein Gemälde aus dem Jahr 1550 an dessen Innenwände?

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

Schon gelesen?

Gewerkschaft bestreikt die Stadtpfarrei St. Emeran in Geisenfeld

Kirchenpersonal beklagt Sparzwänge, Priestermangel und zunehmenden Glaubensverfall

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert